Die Nikolauskapelle

Die heutige Loblocher Straße führte bis 1750 durch ein kleines Dorf namens Lobloch. In diesem Jahr aber war der Ort so verarmt, das er die Einverleibung nach Gimmeldingen beantragte, was der Kurfürst schließlich genehmigte. Seitdem ist Lobloch ein Teil von Gimmeldingen. Doch 1976 beschlossen Bürger der ehemaligen Gemeinde Lobloch, ein eigenes Fest zu feiern, den "Loblocher Weinzehnt". Eröffnet wird dieses Weinfest am Freitag vor Pfingsten unter alten Kastanienbäumen vor der Nikolauskapelle, dem Wahrzeichen von Lobloch.

Diese Kapelle blickt auf eine sehr wechselvolle Geschichte zurück! Am recht steilen Südhang, oberhalb des Mußbachs, nahe einer Quelle und unweit der Stätte eines Mithrasaltars stand schon vor 1366 eine "capelle zu Lopphenloch". An dieser Stelle ließ 1474 der Loblocher Dorfherr Hans von Flersheim eine neue Kapelle errichten, die dem heiligen Pankratius geweiht war. Im Zinsbuch dieser Kapelle von 1476 werden nicht nur alle Abgaben an die Kapelle (Geld, Wein usw.) aufgeführt, sondern hier wird erstmals der Flurname "merspin" erwähnt. Dazu muss man wissen, dass die Loblocher Flur im Norden bis zum Erlenbach reichte und ein recht dorfnaher Teil mit lehmigem Boden "merspin" genannt wurde. Die berühmte Gimmeldinger Meerspinne hat hier ihren Ursprung! 

Zurück zur Kapelle. Sie erhielt um 1600 eine prächtige Renaissance-Kanzel. Doch als die Flersheimer Dorfherren 1655 ausgestorben waren, begann die Kapelle zu verfallen. Als eine Erbin, die adelige Dame von Botzheim erfuhr, dass die Speyerer Reformierten eine neue Heilig-Geist-Kirche bauten, schenkte sie ihnen 1702 diese Kanzel - wo sie heute noch steht!

Wir wissen, dass 1776 der Turm der "Nikolaus-Kapelle", wie sie inzwischen genannt wurde, als Getreidespeicher diente und dass 1894 der Turnverein die Erlaubnis erhielt, ein Notdach und einen Fußboden zu bauen; so wurde die Kapelle bis 1929 als Turnhalle genutzt. Und während des Zweiten Weltkrieges richtete die BASF hier ein Forschungslabor ein. 

Als nach dem Krieg viele katholische Flüchtlinge und Aussiedler nach Gimmeldingen kamen, die ein eigenes Gotteshaus wollten und die Kirchenstiftung "St. Nikolaus" gegründet wurde, beschloss der Gimmeldinger Gemeinderat 1955, ihnen die Kapellenruine zu verkaufen. Nun erhielt die Kirche ein neues Dach und der Turm wieder Helm, Jalousien und Glocken, die mit Seilen zum Läuten gebracht werden können.

Doch das eingestürzte gotische Kreuzgewölbe im Langhaus und das Netzgewölbe im Chor, dessen z. T. mit Köpfen verzierte Konsolen noch erhalten sind, konnten aus Kostengründen nicht mehr erneuert werden. Sie wurden durch hölzerne Flachdecken in Langhaus und Chor ersetzt. Kirchenschiff und Chor, die fast gleich lang sind, trennt ein spitzbogiger profilierter Chorbogen. Die drei neuen Fenster im Chor zeigen in gotischer Kunstgestaltung und herrlichen Farben Szenen aus dem Wirken der Heiligen Nikolaus, Elisabeth von Thüringen und Martin. 

Schon 1957 konnte die "St.-Nikolaus-Kapelle" als katholisches Gotteshaus geweiht werden und die rund 450 Katholiken in Gimmeldingen hatten wieder ihre eigene Kirche. In den Folgejahren wurde viel gespart und gespendet, so dass sie zum fünfzigjährigen Weihejubiläum 2007 innen vollständig renoviert werden konnte. Heute ist sie eine kleine, aber feine Kirche, in der gern Hochzeiten gefeiert werden. Allerdings hat in letzter Zeit die Zahl der Gottesdienste, die hier abgehalten werden, aus verschiedenen Gründen sehr stark abgenommen.

Dabei ist die St.-Nikolaus-Kapelle als spätgotische Saalkirche mit ihrem niedrigen Turm und den Strebepfeilern mit oben geschweiftem Abschluss ein echtes Kleinod. Die spitzbogigen Maßwerkfenster zeigen Fischblasenmotive. Man betritt das ursprünglich zweijochige Langhaus, das samt Chor genau nach Osten gerichtet ist, durch ein "Spitzbogenportal mit Profilüberstabung im Scheitel" (so M. Huyer in Kulturdenkmäler 19.2). Diese feine Sandsteinarbeit hat sich bis heute gut erhalten, und es lohnt sich, sie und viele andere Details dieser Kapelle einmal genau zu betrachten.

von Reinhard Kermann

Näheres zur Geschichte der Kapelle steht in "Lobloch" (Alfred Sitzmann, 1990) und in "Lobloch - kurz und fündig" (Alfred Sitzmann, 2013)

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